Ein Newsletter zum Krieg in der Ukraine - direkt aus dem Tagesspiegel-Newsroom.
Liebe Leserinnen und Leser,
sie war von ukrainischer Seite groß angekündigt worden: Russland habe knapp 100.000 Mann und große Mengen an Panzern im Nordosten zusammengezogen, um eine große Offensive durchzuführen, meldete das ukrainische Militär Mitte Juli. Das Ziel: ein Vorstoß in der Region Luhansk und Charkiw, auch um die Ukrainer von ihrem Vormarsch im Süden abzubringen. Inzwischen ist klar: Die ganz große Offensive der Russen hat es nie gegeben, in den vergangenen Wochen liefen stetige Angriffe, die aber kaum größere Gebietsgewinne brachten. Damit steht die Gegend prototypisch für die Ereignisse an der Front insgesamt: Seit dem 1. Januar konnte nur eine Fläche von der Hälfte des Saarlandes von Russen erobert oder von den Ukrainern zurückerobert worden; die Russen hatten dabei im August sogar etwas größere Gewinne, wie die „New York Times“ analysiert hat (Quelle hier). Dabei waren die Verluste auf russischer Seite im Norden enorm, glaubt man ukrainischen Quellen. Ob die ukrainische Meldung über den Truppenaufmarsch auf falschen Informationen beruhte oder eine absichtlich falsche Fährte der Militärs in Kiew war, lässt sich nicht beantworten. Jedenfalls verlegte das ukrainische Militär in der Folge Verbände in den Nordosten, auch auf Kosten der Offensive im Süden; was zu teils harscher Kritik aus den USA führte. Nun scheint Russland seine Offensivaktivitäten im Nordosten weitgehend einzustellen. Wie der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) in seiner täglichen Lageanalyse schreibt (Quelle hier), habe es an der Front im Norden am Donnerstag nur einen größeren russischen Angriff gegeben. Stattdessen nähmen die Luftschläge zu, die von Flugzeugen aus sicherer Entfernung geführt würden. Das ISW folgert daraus, dass Russland Truppen in Richtung Süden abziehen musste, um die ukrainische Offensive dort zu bremsen. Die Offensivkapazitäten Moskaus seien damit im Nordosten erschöpft. Das wiederum ist eine gute Nachricht für die Ukrainer. Sie können die Russen in der Gegend jetzt unter Druck setzen. Der russische Generalstab wird dann entscheiden müssen, wo er noch verbliebene Reserven einsetzt. Damit ist auch klar, dass Russland jetzt an der gesamten, mehrere hundert Kilometer langen Front vom Fluss Dnepr bis nach Luhansk und Charkiw in der Defensive ist. |
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- Spannungen an der EU-Außengrenze: Belarus behauptet, polnische Hubschrauber seien zweimal kurz hintereinander in den Luftraum des Landes eingedrungen. Warschau hatte Minsk im August ähnliche Vorwürfe gemacht – und dementiert nun die belarussischen Behauptungen. Mehr hier.
- Polens Justizminister sieht die Ukraine hinter Raketen-Unfall: Bei einem Raketeneinschlag im polnischen Przewodow waren vor zehn Monaten zwei Menschen ums Leben gekommen. Warschau ließ den Vorfall untersuchen und legt jetzt Ergebnisse vor. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Das Internationale Paralympische Komitees erlaubt russischen Sportlern zumindest unter neutraler Flagge etwas überraschend doch die Teilnahme an den Paralympics. Die deutsche Delegation ist verärgert. Mehr dazu erfahren Sie hier.
- Nach dem Tod von Söldnerchef Jewgeni Prigoschin hat Russlands Staatschef Wladimir Putin einen früheren Wagner-Kommandeur mit dem Aufbau von Kampfeinheiten zum Einsatz in der Ukraine beauftragt. Putin habe Andrej Troschew bei einem Treffen darum gebeten, teilte der Kreml mit. Mehr hier.
- Die Teilerfolge der Ukraine bei ihrer Gegenoffensive werden nach Ansicht von Markus Reisner überschätzt. „Einzelne Verteidigungslinien der Russen werden verlustreich überwunden, aber es kommt bisher nie zu einem echten Dammbruch“, sagte der Ukraine-Experte des österreichischen Bundesheers der dpa. Mehr hier.
- Russische Militärblogger üben laut US-Experten in großem Maße Selbstzensur. Einige besonders kritische Blogger hätten eingeräumt, dass sie nur fünf bis 15 Prozent ihrer Informationen von der Front preisgäben, schreibt das ISW in seinem Bericht. Mehr im Newsblog.
- Die Schweiz will der Ukraine in den Jahren 2024 bis 2027 mehr als 100 Millionen Schweizer Franken (103 Millionen Euro) für die Minenräumung zur Verfügung stellen. Das Geld diene der Bereitstellung von Ausrüstung und der Ausbildung ukrainischer Minenräumer zu humanitären Zwecken, erklärte die Regierung.
- Nach mehreren europäischen Staaten macht auch Norwegen seine Grenze für Autos mit russischem Kennzeichen dicht. Die Beschränkung von in Russland zugelassenen Pkw mit neun oder weniger Sitzen sei eine weitere Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, teilte das Außenministerium am in Oslo mit.
- Bei russischen Angriffen sind im südukrainischen Gebiet Cherson offiziellen Angaben zufolge mindestens drei Menschen getötet worden. Weitere fünf Bewohner seien durch den heftigen Beschuss am Vortag verletzt worden, teilte Militärgouverneur Olexander Prokudin auf Telegram mit.
- Russland zieht ab 1. Oktober erneut mehr als 100.000 Wehrpflichtige ein. Die Soldaten würden regulär zum zwölfmonatigen Grundwehrdienst einberufen, aber nicht im Kriegsgebiet in der Ukraine eingesetzt, teilte der Generalstab in Moskau mit.
- Eine ukrainische Drohne hat nach russischen Angaben Sprengsätze auf ein Umspannwerk im Süden Russlands abgeworfen, wodurch die Stromversorgung eines Krankenhauses unterbrochen wurde. Der Vorfall ereignete sich nach Angaben des Gouverneurs der Region Kursk in der Ortschaft Belaja.
- Die in die Ukraine zurückgekehrten Kämpfer der Wagner-Söldnertruppe werden nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten um die ostukrainische Stadt Bachmut eingesetzt. Das legten mehrere Berichte nahe, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums.
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Ihr Benjamin Reuter Leitung Newsroom Online |
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