Ein Newsletter zum Krieg in der Ukraine - direkt aus dem Tagesspiegel-Newsroom.
Liebe Leserinnen und Leser,
Anfang des Jahres machte die Nachricht Schlagzeilen, dass 1700 Soldaten aus der von Frankreich finanzierten und ausgebildeten 155. ukrainischen Armeebrigade verschwunden sind – etwa ein Drittel der ganzen Brigade. Doch die hohe Zahl ist nicht nur ein Beispiel für das große Problem der Ukraine mit Kriegsdienstverweigerern. Der Skandal offenbart auch die Schwächen der Militärführung in Kiew. 900 Millionen Euro hat die 155. Brigade Frankreich gekostet, Paris lieferte die versprochenen Caesar-Haubitzen, gepanzerten Fahrzeuge und Panzerabwehrraketen. Doch nach ihrer Rückkehr wurde die Brigade zersplittert: Einheiten und Ausrüstungen wurden in andere Brigaden ausgegliedert, ausgebildete Spezialisten wurden zu Infanteriezügen versetzt. Die Ukraine versäumte es, entscheidende Drohnen und Kapazitäten für die elektronische Kriegsführung bereitzustellen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „The Economist“ unter Berufung auf Artikel von Jurij Butusow, Gründer der ukrainischen News-Webseite „Censor.net“. (Quelle hier.) In einem Interview mit „The Economist“ sagte ein Kommandeur des 155. Bataillons, er habe im vergangenen Jahr drei Tranchen von Rekruten ausgebildet, die dann zu anderen Brigaden geschickt wurden. Nur ein Dutzend der Soldaten seiner Einheit habe vor dem Einsatz in Frankreich Kampferfahrung gehabt. Die Rückkehr aus Frankreich sei chaotisch verlaufen; einige Offiziere blieben zurück, er und seine Soldaten seien sofort in Gebiete mit schweren Kämpfen geschickt worden. Für Herrn Butusow zeigen die Probleme, dass das Oberkommando der Ukraine versagt hat. Aber auch die Verbündeten Kiews werden ihre Schlüsse daraus ziehen: Sowohl Deutschland als auch die USA hatten sich verpflichtet, neue Brigaden zu finanzieren und auszubilden. Einige Beobachter argumentieren nun, dass die Armee bestehende Brigaden verstärken sollte, anstatt neue zu bilden – Kommandeure trennen sich nur ungern von ihren besten Soldaten, so dass neue Brigaden nur schwer Veteranen anziehen können. Der Skandal hat Selenskyj offenbar dazu veranlasst, einen vorübergehenden Stopp für neue Brigaden anzuordnen. |
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- Außenministerin Annalena Baerbock hat ihre eigene Regierung – und indirekt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – für den Zickzackkurs in Bezug auf weitere Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. „Deutschland als Ganzes wird derzeit nicht als treibende Kraft für die Friedenspolitik in Europa gesehen, und das schmerzt mich“, sagte die Grünen-Politikerin dem Medium „Politico“. Mehr dazu hier.
- Russland hat nach Angaben Frankreichs ein französisches Aufklärungsflugzeug über der Ostsee bedroht. Eine Luftverteidigungsanlage vom Typ S-400 habe ihr Feuerleitradar in der Nacht zum Donnerstag auf den Flieger gerichtet, schrieb Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu auf X. Mehr dazu hier.
- Die ukrainische Armee hat offenbar das erste Mal seit Kriegsbeginn 2022 an manchen Frontabschnitten eine Überlegenheit bei Panzern gegenüber Russland erreicht. Hauptgrund dafür ist demnach der effiziente Einsatz von Drohnen, mit denen die Ukraine russische Panzerverbände zerschlägt. Mehr dazu hier.
- Kanzler Olaf Scholz rechnet nicht damit, dass der künftige US-Präsident Donald Trump die Militärhilfe für die Ukraine nach Amtseintritt einstellen wird. „Wir darauf hoffen, dass eine gute Kooperation zwischen Europa und den USA und der Unterstützung der Ukraine in der Zukunft weiter gelingt“, sagte Scholz am Freitag in Berlin. Mehr dazu im Newsblog.
- Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hat die Ukraine die russische Region Belgorod am Donnerstag mit sechs ATACMS-Raketen aus den USA angegriffen. Alle Raketen seien abgefangen worden.
- Litauen wird seine Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren weiter erhöhen. „Wir haben vereinbart, in den Jahren 2026 bis 2030 jährlich zwischen 5 und 6 Prozent des BIP für die Verteidigung bereitzustellen“, sagte Staatspräsident Gitanas Nauseda nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates des EU- und Nato-Landes in Vilnius.
- Der iranische Präsident Massud Peseschkian ist einem Medienbericht zufolge am Freitag nach Moskau zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gereist. Es soll zudem einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft zwischen den beiden Ländern unterzeichnet werden, wie die russische staatliche Nachrichtenagentur TASS meldete.
- Die ukrainische Polizei hat erneut bei landesweiten Razzien nach Kriegsdienstverweigerern und deren Helfern gesucht. Die mehr als 200 Durchsuchungen in 19 Regionen des Landes richteten sich gegen Netzwerke, die Kriegsdienstverweigerern die Flucht ins Ausland ermöglichen, wie die Polizei am Freitag mitteilte.
- Die Zahl der zivilen ukrainischen Opfer ist im Jahr 2024 um ein Drittel gestiegen, sagte UN-Generalsekretärin Rosemary DiCarlo. Sie stellte fest, dass die Zahl der durch die russische Militäraggression getöteten und verletzten Menschen seit Anfang 2023 um 30 Prozent gestiegen ist.
- Die russische Regierung wird eigenen Angaben zufolge das neue Abkommen zwischen Großbritannien und der Ukraine genau unter die Lupe nehmen. Der russische Präsidialamtsprecher Dmitri Peskow sieht in diesem Zusammenhang die Idee britischer Militärstützpunkte in der Ukraine als besorgniserregend.
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Ihre Kati Krause Stellv. Ressortleiterin Newsroom |
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