Ein Newsletter zum Krieg in der Ukraine - direkt aus dem Tagesspiegel-Newsroom.
Liebe Leserinnen und Leser,
In weiten Teilen der Ukraine herrscht seit gestern Dunkelheit. Am Donnerstagmorgen flog Russland mit etwa 90 Raketen und fast 100 Drohnen einen der schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn. Das Ziel war das ohnehin schon schwer beschädigte Energiesystem der Ukraine. Die drei noch funktionierenden Atomkraftwerke des Landes haben daraufhin heute ihre Produktion gedrosselt, denn: Russland hat vor allem Umspannwerke attackiert. Diese verteilen den Strom nicht nur von den Kraftwerken auf den Rest des Landes; sie versorgen auch die Kernkraftwerke mit Strom, der für die Kühlung der Reaktoren und der abgebrannten Brennelemente benötigt wird. Die „New York Times“ sieht darin einen taktischen Wandel in der russischen Kriegsführung (Quelle hier). Die ukrainische Energieinfrastruktur hat Russland bereits seit dem ersten Kriegswinter vor zwei Jahren im Visier. Mit Angriffen auf Strom- und Wärmekraftwerke sollte die Zivilbevölkerung zermürbt werden. Dass das Stromnetz nie komplett zusammengebrochen ist, liegt auch daran, dass zwei Drittel des Stroms in der Ukraine von Atomkraftwerken produziert wird – und diese von Luftangriffen weitgehend verschont geblieben sind. Seit Ende August jedoch greift Russland vermehrt Umspannwerke an, wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) berichtet. Der gestrige Angriff ist bereits der dritte dieser Art in wenigen Monaten, was unter den Experten der IAEA die Besorgnis über die Gefahr einer nuklearen Katastrophe verstärkt. „Die ukrainische Energieinfrastruktur ist äußerst fragil und verwundbar, was ein großes Risiko für die nukleare Sicherheit darstellt“, erklärte Rafael Grossi, der Leiter der IAEA, in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung (Quelle hier). Experten der Vereinten Nationen warnten am Montag, dass „weitere Schäden am ukrainischen Stromsystem zu einem Stromausfall führen könnten, der das Risiko erhöhen würde, dass die in Betrieb befindlichen Kernreaktoren den Zugang zum Netz verlieren, um ihre Sicherheitssysteme zu betreiben“. Ein solches Ereignis, so heißt es in der Erklärung, könnte zu einer schweren nuklearen Katastrophe führen. Ähnlich äußerte sich Greenpeace in einer Mitteilung an die „New York Times“: „Ein Ausfall der Kühlung in einem oder mehreren Reaktoren würde unweigerlich zu einer Kernschmelze und einer großflächigen Freisetzung von Strahlung führen.“ Die IAEA ist sich der Gefahr bewusst. Nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im September vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen vor potenziell katastrophalen russischen Angriffen auf ukrainische Kernkraftwerke gewarnt hatte, besuchten Experten der Behörde im Herbst sieben Umspannwerke, um die Schäden zu dokumentieren. Ihr Fazit: Die Fähigkeit des Netzes, „eine zuverlässige externe Stromversorgung“ für Kernkraftwerke zu gewährleisten, ist „erheblich eingeschränkt“. |
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- Drei Monate vor der Bundestagswahl warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor „möglichen Versuchen der Einflussnahme“ durch Russland und andere Staaten. „Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage“, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Gefährdungsanalyse der Sicherheitsbehörde. Mehr dazu hier
- Weil es den russischen Truppen in der Ukraine offenbar immer häufiger an funktionsfähigen Militärfahrzeugen mangelt, nutzen Soldaten nun anscheinend vermehrt Privatfahrzeuge. Obwohl die Fahrzeuge „für die Logistik und den Transport auf dem Schlachtfeld“ unverzichtbar seien, werde seitens der Militärverwaltungen „hart gegen deren Einsatz vorgegangen“, schrieb der Militärblogger und Autor „ChrisO_wiki“ unter Berufung auf Berichte russischer Soldaten am Freitag auf X. Mehr dazu hier
- Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat an die Ukraine und die Unterstützer des Landes appelliert, diplomatische Lösungen im Ringen um ein Ende des russischen Angriffskrieges mitzudenken. „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen“, sagte Merkel in der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner. „Das ist eine flagrante, völkerrechtswidrige Aktion, die er (der russische Präsident Wladimir Putin) gemacht hat mit der Ukraine.“ Mehr dazu hier
- Bei den Protesten in Georgien wegen der Absage der Regierung an Beitrittsgespräche mit der EU sind mehrere Menschen verletzt worden. In der Hauptstadt Tbilissi wurden Medienberichten zufolge mindestens 18 Polizisten und eine noch nicht bekannte Zahl von Demonstranten verletzt. Mehr dazu hier
- Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wird in der kommenden Woche zu Besuch in China sein. Am Montag werde sie ihren chinesischen Amtskollegen Wang Yi treffen, dabei werde es unter anderem um den russischen Krieg gegen die Ukraine gehen. Mehr dazu hier
- Die BBC hat in Zusammenarbeit mit dem russischen Medienunternehmen Mediaphone und Freiwilligen 80.973 russische Soldaten identifiziert, die während der Invasion in der Ukraine gefallen sind. Die Analyse wurde auf der Grundlage frei verfügbarer Daten durchgeführt. Mehr dazu im Newsblog
- Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat erneut die Solidarität Deutschlands zugesichert. „Wir werden die militärische Unterstützung für die Ukraine in enger Abstimmung mit unseren europäischen und internationalen Partnern fortführen“, schrieb er auf dem Portal X.
- Der ukrainische Armeechef Olexsandr Syrskji kündigt eine Verstärkung der Truppen an der Ostfront an. Es würden Soldaten, Munition und Ausrüstung geschickt, erklärt er auf Telegram nach einem Besuch zweier wichtiger Positionen in der Nähe der Städte Pokrowsk und Kurachhowe in der Region Donezk.
- Polen hat Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in Lettland stationiert, die die Nato-Brigade in dem baltischen EU- und Nato-Land verstärken sollen. Die Gefechtsfahrzeuge wurden nach ihrer Ankunft per Zug auf den Militärstützpunkt Adazi verlegt, wie die lettische Armee mitteilte.
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Ihre Kati Krause Stellv. Ressortleiterin Newsroom |
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