Ein Newsletter zum Krieg in der Ukraine - direkt aus dem Tagesspiegel-Newsroom.
Wie Selenskyj die heikle Anzug-Frage lösen will und wie Finnlands Präsident zum Trump-Flüsterer wurde. Der Überblick am Abend.
Liebe Leserinnen und Leser, | | wenn Sie diesen Newsletter heute Abend noch lesen, dann sitzt vielleicht genau zu dem Zeitpunkt Wolodymyr Selenskyj im Oval Office mit Donald Trump beisammen – und sie sprechen über den Donbass. | | Diese Industrieregion im Osten der Ukraine wird bei den heutigen Beratungen in Washington eine große Rolle spielen, denn von der Zukunft des Donbass hat Wladimir Putin ein mögliches Friedensabkommen abhängig gemacht. Das jedenfalls erzählte Trump den europäischen Regierungschefs nach seinem Treffen mit dem russischen Machthaber am Freitag: Ziehe die Ukraine ihre Truppen aus dem Donbass ab, würde Russland im Gegenzug den Konflikt an der aktuellen Frontlinie einfrieren. | | In einem Interview mit Fox News sagte Trump, er habe Selenskyj aufgefordert, den Vorschlag anzunehmen. Heute Abend könnte er ihn diesbezüglich unter Druck setzen. | | Schon seit 2014 versucht Putin, die Verwaltungsbezirke Donetsk und Luhansk, die den Donbass ausmachen, unter russische Kontrolle zu bringen – zuerst über sogenannte prorussische Separatisten, dann durch die Invasion. Heute kontrolliert Russland 87 Prozent des Gebiets, schreibt die „New York Times" unter Berufung auf Daten der ukrainischen Analysten DeepState, und kämpft verbissen um den Rest (Quelle hier). | | Der Donbass stehe „im Mittelpunkt von Putins Vision des Krieges, die von seinem Glauben an die historische Einheit der russischsprachigen Bevölkerung in der gesamten ehemaligen Sowjetunion geprägt ist", schreibt die „NYT". | | Schon seit der Staatsgründung der Ukraine war die ressourcenreiche Region umkämpft: Der Großteil der Bevölkerung der Region war ukrainisch, bis unter Stalin die ukrainischen Bauern getötet, die ukrainische Sprache unterdrückt und russische Arbeiter in die örtlichen Kohlebergwerke geschickt wurden. | | Zum Ende der Sowjetunion sprachen laut „NYT" etwa zwei Drittel der Bevölkerung Russisch als Muttersprache, 2010 stimmten rund 90 Prozent für den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Doch als dieser vier Jahre später gestürzt wurde und Putin im Donbass militärisch intervenierte, führte das zu einer Gegenreaktion – und breiter Unterstützung für Selenskyj bei den Wahlen 2019. | | Anfangs stellte Putin die Invasion der Ukraine als Verteidigung der prorussischen Separatisten in der Region dar. Dies mache die Kontrolle über den Donbass zu einer entscheidenden Voraussetzung für Putin, um seine Mission in der Ukraine als erfüllt zu erklären, zitiert die „NYT" Konstantin Remtschukow, einen im Kreml gut vernetzten Journalisten in Moskau. Ob er es dabei belassen würde, ist natürlich eine andere Frage – und die Ukrainer haben daran berechtigte Zweifel. | | Der Tagesspiegel im Überblick: Lernen Sie unsere Berichterstattung kennen – 6 Wochen lang für 1 €. Erhalten Sie Zugang zu sorgfältig recherchierten Inhalten, Reportagen und Analysen zu aktuellen Themen aus Berlin und der Welt. Monatlich stehen Ihnen über 1.000 exklusive Artikel zur Verfügung. Jetzt im Probe-Abo entdecken | | | | Die wichtigsten Nachrichten des Tages | | • | US-Präsident Donald Trump hält einen Nato-Beitritt der Ukraine und eine Rückgabe der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim für unrealistisch. „Manche Dinge ändern sich nie!!!", schrieb der Republikaner mit Blick auf entsprechende Forderungen der Ukrainer auf seiner Plattform Truth Social. Mehr hier. | • | Wie das US-Newsportal „Axios" berichtet, ist der heutige Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Washington Phase Zwei eines dreiteiligen Ablaufplans, um Frieden im Ukraine-Krieg zu erreichen. Am Ende stehe ein Dreiergipfel zwischen Trump, Putin und Selenskyj. Diesen zu erreichen, sei das Ziel der heutigen Verhandlungen. Mehr im Newsblog. | • | Wenige Stunden vor dem Gespräch von US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wird bekannt, dass auch US-Vizepräsident JD Vance an der Begegnung teilnehmen werde. Das berichtet der US-Fernsehsender ABC News. | • | Beim Eklat im Februar im Weißen Haus war es Thema: Selenskyjs Outfit. Nun wird wieder über die Kleiderwahl des ukrainischen Präsidenten spekuliert. Warum sie wichtig ist. Mehr hier. | • | Der russische Auslandsfernsehsender RT hat via Telegram ein Video veröffentlicht, das eine Szene von der Front in Saporischschja zeigen soll. Zu sehen ist ein angeblich erbeuteter Mannschaftstransporter des Typs M113, an dem zwei Flaggen wehen: die russische und die amerikanische. Mehr hier. | • | Mit seinen Bedenken hinsichtlich einer Beteiligung deutscher Truppen an der Absicherung eines Waffenstillstands in der Ukraine ist Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) auf Widerspruch in der eigenen Partei gestoßen. „Zu dem Beistandspakt gehört ja auch eine Absicherung eines möglichen Waffenstillstands – und die Absicherung geht nur mit Bodentruppen", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter am Montag im Bayerischen Rundfunk. Mehr hier. | • | Der für die Verlegung an die Nato-Ostflanke zuständige Bundeswehrgeneral André Bodemann warnt vor großen bürokratischen und logistischen Hürden, wenn Hunderttausende Soldaten durch Deutschland an die Nato-Ostflanke verlegt werden müssten. Besonders die Bürokratie sei ein Problem, neben fehlenden Transportkapazitäten der Bahn und zu wenigen eigenen Lkw-Fahrern. Mehr im Newsblog. | • | Russland hat der Ukraine nach eigenen Angaben den Austausch von jeweils 31 festgehaltenen Zivilisten angeboten. Die Regierung in Moskau sei bereit, 31 Ukrainer zu übergeben, wenn im Gegenzug die gleiche Anzahl russischer Staatsbürger freikomme, meldet die staatliche Nachrichtenagentur RIA. | • | Russische Öllieferungen nach Ungarn sind Angaben aus Budapest zufolge nach einem ukrainischen Angriff auf eine Transformatorstation der Druschba-Pipeline erneut unterbrochen worden. | • | Der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) hat neue Informationen über 42 Schiffe veröffentlicht, die illegale Umgehungen der Sanktionen gegen Russland ermöglichen. | • | Bei einem russischen Luftangriff auf ein Wohngebiet in der nordostukrainischen Stadt Charkiw sind nach Angaben der örtlichen Behörden sieben Menschen getötet worden, darunter ein Kleinkind. Mindestens 18 weitere Menschen seien verletzt worden. | | | | | Am Montag treffen sich der US-Präsident und sein ukrainischer Amtskollege in Washington. Doch wie ist es um deren Verhältnis bestellt? Chronologie einer schwierigen Beziehung. | | | | Eigentlich wollte Finnlands Präsident Alexander Stubb Profigolfer werden. Jetzt ist er bei Verhandlungen der Europäer mit Donald Trump unersetzlich. | | | | Der Gipfel in Alaska ist vorbei – und wirkt wie ein Triumph für Putin. Die Koalition der Willigen wirkt wie ein Debattierclub, findet Friedensforscherin Nicole Deitelhoff. Doch es gibt Hoffnung. | | | | Das Gipfeltreffen der Staatschefs aus Russland und den USA endet ergebnislos – ihre Annäherung verstärkt allerdings die transatlantischen Spannungen. Worauf kann Europa jetzt noch hoffen? | | |
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